FM116: Grau by Loik

Eine Bonusfolge des "MUSIK UND MEHR"-Podcasts, die sich (beinahe) zur Gänze den Hintergründen JEDES EINZELNEN LIEDES von "GRAU" widmet: https://youtu.be/V2TXMFshP7w?si=kpFcHgn8G6psBFbu


Auf dem Doppelalbum "GRAU" kann man LOIK in zweierlei Hinsicht beim Umherstreifen und Flanieren beobachten: zum Einen wandert er viele seiner bisherigen musikalischen Stationen ab (immerhin hat er über 25 Jahre Dasein als völlig unbekannter „Musiker“ auf dem Buckel), sodass es von der Lofi-Folk-Schrammelskizze über 90‘s-Dance-Music-artige Vignetten und orchestralen Indiepop bis hin zu leicht dubbigen Experimenten allerlei Verschiedenes auf die Ohren gibt, stilistisch oft gar konträr zueinander stehend. Todernstes wird hier mit Albernheiten kombiniert, wie man sie z.B. eher von LOIKs obskuren Nebenprojekt GRUPPE KONTAKT kennt (bzw. wohl eher NICHT kennt...). Zusammengehalten wird das alles durch eine charmante Lofi-Produktion, wie wir sie von LOIK gewohnt sind und durch textliche Bezugnahmen zwischen den Liedern, die sich ihm selbst zum Teil erst recht spät im Entstehungsprozess des Albums offenbart haben.

Womit wir nach der Musik bei der zweiten Form des Umherstreifens wären, nämlich bei den Texten: in selbigen spaziert LOIK auf „GRAU“ in gewisser Weise durch sein ganzes Leben. Er besucht alte Jugendlieben („HALE-BOPP“) und frühe Friends und Lovers („(A)NETTE“, „JOHANNE“, „FREUNDSCHAFT PLUS“), er begibt sich zurück in die verräucherten Kneipen seiner Adoleszenz („GESTERN WIEDER IN DIE OVERSHARING-FALLE GERATEN“), macht kurz eine Zwischenstation in der Zeit seiner musikalischen Anfänge („DIESE GITARRE IST GRAU“) und landet schließlich in seiner Gegenwart als Middle Aged Man (u.a. ebd., aber natürlich auch auf "MIDLIFE-CRISIS"), wo die Leute seines Alters sich, weil sie es können, ungeniert dem leeren Konsum hingeben („4K“) und/oder sich anschicken, die besten Eltern der Welt zu werden („VALERIE“). LOIK zweifelt auf „GRAU“ weiterhin - oder mehr denn je? - an sich („ICH KANN NICHT“, „UFO, NIMM MICH MIT!“) und an der Welt („AUS STEIN IST DAS HERZ DIESER WELT“).

Man sieht also: ein ganz schön buntes Allerlei, das auf den ersten Blick etwas Zerfasertes hat, eher etwas von einem Sampler oder einer Compilation, könnte man meinen. Aber wenn man sich genauer darauf einlässt, dann erkennt man, dass „GRAU“ eigentlich eines der in sich geschlossensten Alben seiner Laufbahn ist. Das Chaos hat hier ein System. Es ist eine runde Sache. Es ist nicht nur ein weiteres LOIK-Album, es ist DAS LOIK-Album!

Physisch kommt es in einer sehr limitierten Erstauflage als recyceltes C-90-Tape mit zwei exklusiven 1st edition cassette bonus tracks daher, außerdem als limitierte Do-CDr-Erstauflage im recycelten Jewel Case mit wiederum einer exklusiven 1st edition CD-r-Bonus-Coverversion. Das mit dem Recycling ist nur folgerichtig, werden auf "GRAU" doch ziemlich häufig in gewisser Weise alte Gefühle und Begebenheiten recycelt.

Berlin-based DIY-micro-label / archive.
Cassettes, CDr's, digital downloads.

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