Tante Anke from Westerfeld - Doppelalbum by Kay Kankowski
Tracklist
4. | Tante Anke | 15:51 |
Lyrics
Tante Anke
War's ein Mittwoch im April, war's ein Donnerstag im Mai?
Er kann sich nicht erinnern, er war gerade erst drei
Ich kenne nur das Foto, das ihn verschüchtert zeigt
In kurzer Lederhose, den Kopf seltsam geneigt
Sein erster Tag an diesem Ort, eine fremde neue Welt
Ein lautes Haus, ein stumpfer Lärm, der antwortlos zerschellt
Vielleicht hat es geregnet, vielleicht gab's Sonnenschein
So sehr ich es versuche, es fällt mir nicht mehr ein
Doch wenn im Park der erste weiße Flieder blüht
Und sein morgenfeuchter Duft in meine Nase zieht
Bemerkt er eine Erinnerung, die hat sich eingebrannt
Die gertenschlanke Tante Anke hält seine kleine Hand
Die Hand war kühl und fest, ihre Stimme warm und weich
Sie schritt wie eine Königin und zog ihn in ihr Reich
Es hallte auf den Fluren wie Donner in der Nacht
So endlos wie im Traum, aus dem man nicht erwacht
Und hartes Blitzlicht schneidet Bilder aus der Szenerie
Scharfe Schatten und Konturen, doch wirklich greifbar sind sie nie
Aus dem Nichts erbricht ein Blitz wie Feuerwalzenflut
Die rasend wilde Fieberwelle, heiß und rot wie Blut
Die schreiend kalte Dunkelheit hält mich in ihrem Griff
Der Boden rollt uns krängt sich weg wie im Taifun das Schiff
Kein oben und kein unten mehr, kein hinten und kein vorn
Furcht kennt keinen Halt, Angst hat keine Form
Etwas birst in tausend Stücke, ein glühender Orkan
Kometen trudeln ungebremst auf ewig ohne Bahn
Vorwärts, rückwärts simultan ins Endliche befreit
Gut und Böse ungebunden ohne Raum und Zeit
Und der da war und ist und bleibt und über allem Leben thront
Sendet diese eine Frau: Unter ihren Fü.en war der Mond
Sie trug ein Kleid aus Sonnenlicht, aus weißem Diamant
Es lag auf einer Trommel ihre starke rechte Hand
Und rollte schnell über's Trommelfell die Knochen donnernd laut
Die Schicksalswürfel fallen und fallen bis der letzte Morgen graut
Mit jedem Wurf beginnt und endet, flutet und verebbt
Ein Traum, der aus dem Nirgends kommt, sich in den nächsten schleppt
Als im letzten Hauch des Echos der Donnergroll verhallt
Und die Stille wie ein Schweigen von den Wänden prallt
Erhebt sich in der Ferne, ostwärts, am Himmelsrand
Ein Laut, ein Ton, ein Klang - von alters her bekannt
Tante Ankes schlanke Stimme singt fremd und weich und warm
Waard ruuch mien Kind, ik hol de Wacht, ik hol di fast in'n Arm
Das Kind verharrt verschwitzt und atmet stumm vor Schreck
Kugelförmig aufgerollt und rührt sich nicht vom Fleck
Ein Fenster wird geöffnet, ein Kissen wird gebracht
Von weit her wird gesungen und irgendwo gelacht
Durch den heißen Körper fließt ein kühler Hauch
Die Anspannung gibt auf mit Ankes Hand auf seinem Bauch
Ich drehe das Foto um und lese, was der Dichter schreibt
Erinnerungen sind Lichter Sand im dunklen Getriebe der Zeit
Der Fliederduft im Frühling wird immer deiner sein
Und alle Schatten, die dir folgen, verweisen auf den Sonnenschein
An diesem ersten Tag im April oder im Mai
Ich weiß nicht, ob das stimmt, ich war gar nicht dabei
Credits
Text & Musik: Kay Kankowski
Kay Kankowski: Gesang, Gitarren
Harry Kretzschmar: Bass
Jan Mohr: Gitarren
Christopher Town: Keyboards
Markus Zell: Schlagzeug
Aufnahme, Mix & Mastering: Roger Wahlmann - Cliff Studio